Kooperationen und Verbundprojekte
Internationales Kolleg für Geisteswissenschaftliche Forschung: Schicksal, Freiheit und Prognose. Bewältigungsstrategien in Ostasien und Europa (seit 2009)
Das Internationale Kolleg ist eines von zehn Käte-Hamburger-Kollegs in Deutschland. Es untersucht Vorstellungen zum individuellen und kollektiven Schicksal in Lebenswelt und Weltanschauung des traditionellen, modernen und gegenwärtigen Chinas (bzw. Ostasiens), mittelalterlichen Europas sowie weiterer Kulturräume. Die Erkenntnisse zum Verhältnis zwischen den Einstellungen zu Schicksal und Prognose sollen Antworten auf die Frage nach dem Ort ermöglichen, den Freiheit in verschiedenen Kulturen einnimmt.
Prognose und Vorhersage sind anthropologische Phänomene, die in allen Kulturen zu finden sind. Das Internationale Forschungskolleg zielt dabei auf die Offenlegung der historischen Grundbedingungen von Prognose und Prognosetechniken sowie auf ihren Einfluss auf die Gegenwart und die Entwicklung von Strategien der Kontingenzbewältigung. Im Mittelpunkt des Forschungsansatzes stehen Fragen nach interkulturellen und transhistorischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Bezug auf Konzeptionen von „Schicksal“, „Freiheit“ und „Prognose“ in der modernen Gesellschaft Chinas und dem mittelalterlichen Europa und inwieweit diese von Konzepten der ‚westlichen‘ Moderne differieren.
DFG-GRK 1718: Präsenz und implizites Wissen (seit 2012)
Präsenz und implizites Wissen stehen in einem wechselseitigen Begründungszusammenhang und müssen aus dieser Interdependenz heraus verstanden werden. Diese Annahme bildet die Forschungshypothese des Graduiertenkollegs, das die kulturwissenschaftliche Diskussion von Präsenz mit sozialwissenschaftlichen Theorien des impliziten Wissens verbindet. Dadurch eröffnet sich ein Forschungsansatz, der das analytische Augenmerk auf die kulturspezifische Präsenz praktisch wirksamer Wissensgehalte richtet. Deshalb werden Präsenzphänomene in Religion, Politik, Kunst oder Populärkultur inter- und binnenkulturell vergleichend als Ausdruck eines impliziten, alltagssprachlich und wissenschaftlich nicht bruchlos explizierbaren Wissens erörtert.
Dabei werden insbesondere affektive Dimensionen und soziokulturelle Machtkonstellationen von Präsenzphänomenen in den analytischen Fokus gerückt; zudem erfolgt der Kulturvergleich auf der diachronen und synchronen Achse. Das Forschungsprogramm ist mit einem Qualifizierungs- und Betreuungskonzept verknüpft, das sich durch die Integration interdisziplinärer, forschungsorientierter Ausbildung und praxisbezogener Maßnahmen auszeichnet. Das Kolleg greift dabei auf eine langjährige und erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Wissenschaftler_innen zurück und ist an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg in einem Forschungsumfeld angesiedelt, in dem die Verbindung von interkultureller Expertise und theoretischer Grundlagenreflexion im Kontext kulturraumspezifischer Forschungen programmatisch ist.
DFG-Forscher_innengruppe 1533: Sakralität und Sakralisierung in Mittelalter und Früher Neuzeit. Interkulturelle Perspektiven in Europa und Asien (seit 2011)
Ausgehend von der Beobachtung, dass Sakralität selten klar definiert, sondern vielmehr höchst umstritten gewesen ist, mithin also stets aufs Neue ausgehandelt wurde, fragt die Forscher_innengruppe nach dem Umgang mit dem Sakralen in Europa und Asien in der Vormoderne. Ziel des Projektes ist eine vergleichende Betrachtung sowohl christlicher als auch nicht-christlicher Konzeptionen von Heiligkeit in verschiedenen europäischen und asiatischen Kulturräumen, wie sie sich in Texten und Bildern, in Architektur und Raumgestaltung, in Personenkulten und Herrschermodellen oder in performativen Akten niederschlagen.
Der methodische Zugriff des interkulturell und intermedial angelegten, epochenübergreifenden Vergleichs ermöglicht es, Sakralität sowohl in ihrer historischen Wandelbarkeit als auch systematisch zu untersuchen. Vor allem die im Projekt avisierte Gegenüberstellung von christlich bestimmten Kulturen Europas mit Indien und China verspricht, den Blick für strukturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede über Epochengrenzen und die Grenzen von Religionen bzw. Konfessionen hinweg zu schärfen.
DFG-GRK 706: Kulturhermeneutik im Zeichen von Differenz und Transdifferenz (2001 bis 2010)
Im Zeitalter der Globalisierung einerseits und der Rückbesinnung vieler Gruppen auf ihre kulturelle Eigenart andererseits sind Differenz (nach ethnischer Zugehörigkeit, Nationalität, Religion, gender, sexueller Präferenz, sozialer Schicht usw.) und interkulturelle Kommunikation wissenschaftliche Standardthemen geworden. Differenz lässt sich synchron, aber auch diachron, mit Blick auf sich verändernde oder ablösende Entwicklungsstufen von Individuen und Gruppen, verfolgen. Das Kolleg erweitert diesen Forschungshorizont, indem es Transdifferenz in den Mittelpunkt stellt. Mit diesem neuen Begriff bezeichnet es die aus der tatsächlichen Vielfalt von Differenz- und Interaktionsphänomenen resultierenden Vorgänge der Überlagerung von Zugehörigkeiten, die grenzüberschreitende Kombination von Loyalitäten und damit von Identitätsaspekten. Statt sich auf Kohärenz- und Abgrenzungselemente zu konzentrieren, unternimmt es eine Neu-Reflexion der Begriffe Kultur, Interkulturalität und (Kultur-)Hermeneutik jenseits der bestehenden Identitäts- und Alteritätsmodelle, wobei auch Definitionsmacht und Ordnungsgefüge berücksichtigt werden. Dabei wird Transdifferenz als Sammelbegriff für Phänomene wie Hybridität, Transkulturalität oder Transidentität gebraucht, und zwar auf der System- wie auf der Subjektebene.
DFG-GRK 516: Kulturtransfer im europäischen Mittelalter (1999-2008)
Hauptargumente für die heute oft beschworene Zusammengehörigkeit des ‚europäischen Kulturraums‘ sind in der Regel Bindungen und Strukturen, die im Mittelalter ihre erste und entscheidende Prägung erhalten haben. Doch die mittelalterliche Einheit ist problematisch. Sie verdankt sich einem komplexen Mit- und Gegeneinanderwirken verschiedenster Faktoren, die lange Zeit nebeneinander bestanden, aber nicht auseinander ableitbar waren. Viele Leistungen des Mittelalters sind aus einer intern regional- oder nationalkulturellen Entwicklung nicht erklärlich, sondern verdanken sich Transferprozessen. Die Kategorie des ‚Transfers‘ gewinnt hier eine zentrale Bedeutung. Sie ist von der mediävistischen Forschung bisher noch zu wenig beachtet worden und ist ein aktuelles Forschungsproblem besonders der ‚Humanwissenschaften‘, die das Graduiertenkolleg tragen: der Mittelalterphilologien, der Geschichts-, der Musik- und der Kunstwissenschaft, der Philosophie- und der Medizingeschichte.
Der Aspekt des Kulturtransfers eröffnet die Chance, quer zur üblichen Vorstellung nationalkultureller ‚Entwicklung‘ nichtlineare Prozesskomponenten, wechselseitige Attraktionen und Abstoßungen systematisch zu beobachten und ihre Wirkungsweise zu bestimmen. Gerade auch die in den Transferprozessen freigesetzten produktiven Innovationen rücken hierbei in den Vordergrund. Im Rahmen des Studienprogramms wurden interdisziplinäre Lehrformen erarbeitet und erprobt, aus denen sich mittlerweile der Studienschwerpunkt ‚Europäisches Mittelalter‘ (Medieval Studies) entwickelt hat.