Forschungsstipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung untersucht die Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland und China
Der Lehrstuhl für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Diversity Education und internationale Bildungsforschung freute sich sehr, Zhu Jieyao im Oktober begrüßen zu dürfen. Sie kommt aus Peking, China und wird im Rahmen des Bundeskanzler-Stipendiums der Alexander von Humboldt-Stiftung noch bis September als Gastwissenschaftlerin an der FAU zu einem pädagogischen Projekt forschen. Worum es sich dabei genau handelt und warum das Stipendienprogramm ideal für sie war, erzählt Zhu Jieyao im Interview.
Herzlich willkommen Frau Zhu. Was hat Sie an die FAU geführt?
Ich bin im Rahmen des Bundeskanzler-Stipendiums der Alexander von Humboldt-Stiftung in Deutschland. Das ist ein Stipendium, das sich an Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit ersten Führungserfahrungen aus China, Brasilien, Indien, der Russischen Föderation, Südafrika und den USA richtet. Die Stiftung fördert Projekte, die gesellschaftlich relevant sind. Eine Professorin hat mir das Stipendium empfohlen.
Warum haben Sie sich dafür beworben?
Beworben habe ich mich, weil das Stipendium eine gute Gelegenheit bietet, Deutschland besser kennenzulernen und ein Netzwerk aufzubauen, was beides zu meiner Karriere beitragen kann. Ich beschäftige mich mit Kinder- und Jugendarbeit, einem Bereich, der in Deutschland gut entwickelt ist und ich daher hier viele Erfahrungen sammeln kann. Deshalb ist das Stipendium-Programm ideal für meine Ziele. Alle Bewerber sind hoch kompetent, haben Abschlüsse von den besten Universitäten in China und viele von ihnen haben durch Studium oder Beruf schon einige Jahre Erfahrungen im Ausland gesammelt.
Welchen Anknüpfungspunkt haben Sie zu Deutschland?
Ich habe im Bachelorstudium Germanistik studiert und war als Austauschstudentin an der Universität Tübingen. Meinen Master habe ich im Fach Internationale Politik gemacht, mit Fokus auf European Studies. Danach habe ich im Komitee der Kommunistischen Jugendliga Chinas gearbeitet, einer staatlichen Institution für Kinder- und Jugendarbeit. Deutschland ist im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit sehr gut entwickelt, es gibt zahlreiche Akteure und vielfältige Angebote, die mir viele Anreize geben.
Und dazu forschen Sie nun hier an der FAU. Worum geht es in Ihrem Projekt?
Das Projekt heißt „Mehr Partizipation von Kindern und Jugendlichen – Praxiserfahrungen aus Deutschland und Kooperationsmöglichkeiten zwischen Deutschland und China“ und ich fokussiere mich auf die politische Bildung. Ich vergleiche dazu Konzepte der politischen Bildung zwischen Deutschland und China – gerade auch in Bezug darauf, wie sich diese durch die Pandemie verändern. In China findet politische Bildung vor allem im schulischen Bereich statt, im außerschulischen Bereich gibt es nur wenige Akteure.
Für die empirische Forschung fokussiere ich mich auf die politische Bildung in internationaler Kinder- und Jugendarbeit, ich werde Akteure in diesem Bereich untersuchen, beziehungsweise Interviews mit Expertinnen und Experten dieser Akteure durchführen. Ich möchte auch den Status quo der Jugendbegegnung zwischen Deutschland und China erfassen und Vorschläge für die zukünftige Zusammenarbeit beider Länder geben.
Hat die Pandemie auch auf Ihre Forschung hier Einfluss?
Ja, ich hatte vor, viele Institutionen zu besuchen und Experteninterviews zu führen. Das hat sich leider alles verzögert und so habe ich die ersten drei Monate meines Aufenthalts hauptsächlich für den theoretischen Teil der Arbeit genutzt. Ab März wird es aber mit der empirischen Arbeit klappen, ich habe schon Besuche und Workshops geplant.
Wie unterscheiden sich Studium und Forschung in Deutschland und China?
Also wenn ich an mein Studium denke, würde ich sagen, dass man hier eigenständiger sein muss. Man muss voraus denken und längerfristig planen, welche Seminare man besuchen und auf welche Themen man sich spezialisieren möchte.
Außerdem ist es wichtig, sich ein Netzwerk aufzubauen, über die Unigrenzen hinauszusehen und praktische Erfahrungen zu sammeln. In China besuchen wir Lehrveranstaltungen genauso wie in Deutschland, aber wir fokussieren uns mehr auf die Uni.
Wie sind Sie eigentlich auf die FAU gekommen?
In meinem vorherigen Forschungsprogramm habe ich mich mit außerschulischer Bildung, internationaler Bildung und vergleichenden Studien beschäftigt und habe auf der Website von ‚Forschung und Praxis im Dialog‘ (FPD) über ein Projekt von Prof. Rakhkochkine gelesen, das ich sehr interessant fand. Er hat viel Erfahrung in internationaler und vergleichender Bildung, also habe ich mit ihm Kontakt aufgenommen. Wir haben über mein Forschungsvorhaben gesprochen – das Gespräch war so interessant, dass ich mich für ihn und die FAU als gastgebende Institution entschieden habe.
Wie gefällt es Ihnen?
Es gefällt mir sehr gut. Ich wohne in Nürnberg und habe es nicht weit zur Bibliothek in der Langen Gasse, ich laufe gerne durch die Altstadt oder gehe in einen Park. Unternehmen konnte ich leider noch nicht so viel, aber ich habe schon gute Kontakte zu meinen Kolleginnen und Kollegen geknüpft und werde auch vom Welcome Center gut betreut. Bis September bin ich noch in Deutschland und ich freue mich schon auf den Frühling und Sommer hier.
Vielen Dank für das Interview!