Keine Langeweile auf dem Land
Neues BMBF-Projekt untersucht, wie der ländliche Raum für Digital Natives kulturell interessant bleibt
Am Lehrstuhl für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Kultur und ästhetische Bildung nimmt zurzeit ein weiteres vom BMBF gefördertes Vorhaben im Kontext der Digitalisierung in der Kulturellen Bildung die Arbeit auf: Das Projekt „Bibliotheken, Digitalisierung und kulturelle Bildung in peripheren Räumen: Bedingungen und Modelle zur Entwicklung der Bibliothek als Kulturort im Kontext post-digitaler Jugendkultur (BiDiPeri)“.
Es ergänzt das Forschungsportfolio des Lehrstuhls um wichtige Perspektiven, die zum einen an Forschungen zur postdigitalen Jugendkultur – in der digitale Technologien nicht mehr wegzudenken sind – anknüpfen. Und auch an Einsichten aus dem Meta-Forschungsvorhaben der BMBF-Förderlinie „Digitalisierung in der kulturellen Bildung“ sowie an jüngsten Erkenntnissen aus einer Bibliotheksstudie in Zusammenarbeit mit dem Rat für Kulturelle Bildung setzt das Projekt an.
Die zentralen Fragen lauten dabei: Wie kann der Kulturort Bibliothek dazu beitragen, dass periphere Räume kulturelle (digitalisierungsbezogene) Transformationsprozesse auf eine Weise mitgestalten können, die ihren Bedingungen und Bedarfen gerecht wird? Wie können damit ländliche Räume so entwickelt werden, dass sie insbesondere auch für Jugendliche, deren postdigitale Kulturen und Kommunikationsweisen heutzutage stark von globalen, urbanen Ästhetiken geprägt sind, ein kulturell attraktives Lebensumfeld darstellen?
Mit diesem Ansatz geht das Forschungsprojekt BiDiPeri der gesellschaftlich drängenden Frage nach, wie und welche Angebote an digitaler kultureller Bildung strukturelle Nachteile von ländlichen Räumen ausgleichen könnten, um so der Landflucht der jungen Generation entgegenzuwirken. Als besonders geeignet gelten nach einer repräsentativen Studie des Rates für Kulturelle Bildung hierfür Bibliotheken und Büchereien: Selbst in kleineren Gemeinden gibt es sie, sie sind deutschlandweit die am meisten besuchten Kultur- und Bildungseinrichtungen und sie sind sogenannte „dritte“ – das heißt soziale, aber nicht kommerzielle – Orte. Sie sind auf das Gemeinwohl ausgerichtet, haben oft eine gute infrastrukturelle Anbindung und haben als medienzentrierte gesellschaftliche Institution prinzipiell die Aufgabe, tiefgreifende gesellschaftliche Medienumbrüche aufzugreifen und mitzugestalten.
Die Erlanger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen in drei Phasen vor: Zunächst gilt es, einen empirischen Einblick in die (post-) digitalen kulturellen Lebenswelten der Jugendlichen in ländlichen Räumen zu erhalten. Daran anschließend werden – ausgehend von bereits etablierten, digitalen und kulturell agierenden Bibliotheken – Bedingungen erarbeitet, die zur erfolgreichen Umsetzung beitragen sollen. In der dritten Phase werden die Projektbeteiligten aus diesen ‚Gelingensbedingungen‘ und den Analyseergebnissen aus der ersten Phase ein anwendungsorientiertes Modell erstellen. Dieses Modell wie auch die Erkenntnisse aus dem Projekt werden auf einer Plattform gebündelt publiziert, damit andere Forschende oder Kulturschaffende diese für die Umsetzung ihrer eigenen Projekte nutzen und weiterentwickeln können.
„Kulturelle Bildung darf nicht vom Wohnort abhängen“, sagt Viktoria Flasche, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Kultur und Ästhetische Bildung. „Wir hoffen, eine Entwicklung von ländlichen Bibliotheken in Richtung eines post-digitalen Bildungsangebotes initiieren zu können.“